Niedergefahren zur Hölle -
Über den gedankenlosen Umgang mit Sprache
Meine Frau ruft aus der Arbeit an. „Warum bist du nicht im Büro?
Sie haben mir gesagt, du seist heute überhaupt nicht gekommen.“ –
„Ich fühle mich so furchtbar müde.“ – „Warte, ich bin gleich
da. Du mußt sofort ins Krankenhaus.“
Ich habe keine Kraft, mich zu wehren. Wahrscheinlich weiß ich
selber, daß es das Beste für mich ist. Seit Monaten macht mir
jede Bewegung Mühe, kostet mich minutenlang Ringen um Atem.
Eine halbe Stunde später ist meine Frau zu Hause, mit ihr zwei
Sanitäter und ein Krankenwagen. „Können Sie selber gehen?“ Ich
schüttle den Kopf. Ich könnte es auch nicht, wenn ich gesund
wäre. Ich bin behindert. Man hebt mich auf die Bahre, schnallt mich
fest; ich werde aus der Wohnung geschoben. Wann werde ich zurückkehren?
Wir schreiben Februar. Draußen ist es empfindlich kalt. Man hat
vergessen, mir einen Mantel anzuziehen. Hoffentlich erkälte ich mich
nicht, denke ich noch. Es ist die geringste Sorge.
Ich sitze in einem elektrischen Rollstuhl, fahre langsam unendliche
Gänge auf und ab. Auf seltsame Art erinnern sie mich an eine frühere
Arbeitsstelle. Ich kenne sie; dennoch sind sie mir unwirklich fremd.
„Sie müssen sich schonen“ höre ich von einer Stimme ohne
Körper. „Ich schone mich ja. Sehen Sie nicht, wie langsam ich fahre?“
– Die Stimme läßt sich nicht beschwichtigen: „Wenn Sie sich
nicht schonen, wird es noch schlimmer werden.“
Noch ein einziges Mal die Geschwindigkeit auskosten! Ich drücke
den Antriebshebel vor bis zum Anschlag. Mein Gefährt rollt dahin,
immer schneller und schneller. Leicht und beglückt fühle ich
mich. Seit Wochen ist es mir nicht mehr so gut gegangen.
So, das war es! Ich lenke den Rollstuhl zurück, schräg
nach hinten. Der elektrische Rollstuhl bleibt stehen, rührt
sich keinen Zentimeter mehr, weder vor noch zurück. Die Batterie ist
leer. Oder hat eine unsichtbare Hand die Sicherung entfernt?
Niemand kommt mir zur Hilfe. Ich will schreien. Die Stimme versagt
mir. Der Abend senkt sich nieder. Ich sitze im Rollstuhl, gefangen. Nur
den Kopf kann ich wenden. Halb rechts von mir ein Fenster. Ein grauer,
einheitlicher Himmel und ein abgestorbener Zweig. Leicht zittert er im
Wind. Er scheint mir zuzuwinken: „Komm!“
Bald wird der Himmel dunkelblau, schwarz. Irgendwo sehe ich Lichter.
Sie sind so weit und kalt, geben keinen Trost. Dann wieder aschgrau, die
Morgendämmerung. Ein paarmal versuche ich zu rufen. Niemand hört
meine verstummte Stimme.
Tag – Dämmerung – Nacht – Dämmerung – Tag. Ich scheine
in eine Ewigkeit zu versinken, ohne Anfang und ohne Ende. Nur der bleierne
Himmel vor dem Fenster und der kahle Ast. Wann bin ich hergekommen? Wie
lange werde ich bleiben?
Selbst diese Fragen verlieren an Bedeutung. Es ist ein unwirklich
wirklicher Raum. Ich wundere mich, warum ich keinen Hunger empfinde, keinen
Durst. „Jean-Paul Sartre“, denke ich, „Geschlossene Gesellschaft“.
„Wir müssen Sie operieren. Danach wird es Ihnen besser gehen.“
Geht es mir schlecht? Ich sehe Menschen mit verweinten Augen, meine Mutter,
meine Frau.
Operieren, was heißt das? – „Sie bekommen keine Luft. Wir müssen
einen Luftröhrenschnitt legen.“ - Ängstlich fragend schaue ich
mein Gegenüber an. - „Wir bohren ein Loch in Ihren Hals. Dann wird
alles leichter." Ich begreife nicht, was das alles bedeutet, wie ich in
diese Lage gekommen bin.
„Warum beschützt ihr mich nicht?“ Flehentlich blicke ich auf meine
Frau, meine Mutter. Stumm wenden sie sich ab. „Mir fehlt doch nichts“,
will ich schreien. Oder doch? Wenn ich nur wüßte, was los ist.
Zu wem soll ich Vertrauen haben? Sie wirken alle so fremd. Auf der
Buchstabentafel deute ich: „Ich will Professor P. sprechen.“ Professor
P. ist ein Freund. Er wird mir das Richtige raten.
„Wir haben für die Operation schon alles vorbereitet.“ – „Ich
will Professor P. sprechen.“ – „Er wird Ihnen nichts Anderes sagen.“ –
„Ich will Professor P. sprechen.“
Hat das Gespräch tatsächlich stattgefunden? Der lange Gang,
der elektrische Rollstuhl ohne Batterie, der tote Ast vor dem bleigrauen
Himmel – das ist Wirklichkeit. Und die Einsamkeit ohne Menschen.
Plötzlich ist meine Frau da. Oder ist es meine Mutter? „Ich
nehme dich mit. Wir werden ein anderes Krankenhaus finden. In London gibt
es eine Klinik. Sie werden dich heilen können.“ – „Wie sollen wir
hinkommen?“ – „Wir nehmen das Flugzeug.“
Wie leicht alles geht! Schon bin ich am Flughafen, sitze im Sessel
der Maschine. Da ist auch schon England. London liegt im Süden der
Insel. Ich habe öfter meine Ferien im Norden verbracht.
Meine Frau schiebt mich im Rollstuhl durch die Straßen der
Metropole. Sie sind tot, keine Menschen, kein Verkehr. Von einem Hügel
oberhalb der Stadt blicke ich auf das graue Häusermeer. Seit wann
gibt es in London Hügel? Auch von hier aus kein Zeichen von Leben.
Wir betreten die Vorhalle einer modernen Klinik. Lautlos gleiten
die Glasschiebetüren vor uns auf. Wieder kein Mensch. Aber ich höre
eine Stimme sagen: „Sorry, wir können Ihren Mann nicht heilen. Fahren
Sie wieder nachhause.“
Nein, nicht zurück! Ich weiß nicht, wovor ich Angst habe.
Ich spüre nur eins: Zurück bedeutet Tod.
Plötzlich bin ich wieder allein. Wo ist meine Frau geblieben?
Wie aus großer Höhe sehe ich mich auf einer Landkarte Englands
nach Norden fliehen. In einem Hafen – ist es Hull, ist es Edinburgh – verspricht
man mir, mich an einen sicheren Ort nach Deutschland zu bringen. Nicht
in die Klinik, zurück in meine Wohnung, in mein Heim. Ich werde eingeschifft.
Doch das Ziel ist nicht Deutschland. Ich lande in Holland.
Wieder eine Klinik, doch diesmal geführt ausschließlich
von Moslems. Ich wundere mich. Wir sind doch in Europa, oder nicht? Aber
was ist schon natürlich in dieser alptraumartigen Welt?
Tagsüber arbeiten hier die verschiedensten Ärzte. Doch
wenn die Nacht hereinbricht, haben nur noch strenggläubige Anhänger
des Propheten Dienst.
Nach und nach glaube ich mich zu orten. Ich befinde mich auf einer
Entbindungsstation. Warum, ist mir schleierhaft. Während des Tages
wirkt sie wie eine normale Abteilung. Doch in der Nacht enthüllt sie
ihr schreckliches Geheimnis. Keiner weiß es. Nur ich scheine die
Wahrheit zu kennen. Und ich kann nicht sprechen.
Über meinem Kopf ein Monitor mit einer sich verändernden
Kurve. In regelmäßigen Abständen Zacken. Die Zacken entscheiden
über Tod oder Leben. Ein Zacken zu wenig bedeutet: Ein Mädchen
wird geboren.
„Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.“
Mädchen werden ausgesondert. Kein Mädchen überlebt. Ich
bin in eine islamische Abtreibungsklinik geraten. Ich starre auf den Bildschirm.
Bei jedem neuen Protokoll habe ich Angst, daß in der Aufzeichnung
ein Zacken fehlt. Ein Todesurteil mehr!
Warum wehren sich die Frauen nicht? Warum ist die Aus-lese so grausam,
so erbarmungslos? Ich höre das schrille Schreien, das herzzerreißende
Klagen der Frauen, denen ihre Mädchen weggenommen werden. Ich bin
ein stummgemachter Zeuge.
Vom Dunkel des Raumes hebt sich eine Gestalt ab, ein Gesicht, eine
Krankenschwester, dunkelhaarig, und sie schweigt. Meine Augen fragen sie:
„Warum lassen Sie das zu? Haben Sie nicht einen Beruf gewählt, um
Leben zu retten? Auch Sie sind eine Frau.“ Sie antwortet nicht. Wie eine
Sphinx starrt sie vor sich hin, die Zunge versiegelt. Ja, sie ist eine
Frau. Frauen haben zu gehorchen. Sie leben in einer Welt von Männern.
Und die Männer haben beschlossen: Mädchen sind Ballast.
Wie kann ich diesem schrecklichen Ort entkommen, von dem ich nicht
einmal weiß, wo er ist? Längst bin ich nicht mehr in Holland.
Ich bin wieder in Deutschland, aber wo? Mit klarem Blick, von einem Standpunkt
außerhalb des Geschehens, sehe ich ein burgähnliches Gebäude
an einem breiten Strom. Doch gleichzeitig bin ich auch Betroffener der
Ereignisse und befinde mich innerhalb der umschließenden Mauern.
Da ist wieder meine Mutter, oder ist es doch meine Frau? „Komm,
wir machen eine Reise. Wir fahren mit dem Schiff. Ich bringe dich in deine
Heimatstadt.“
In einem Rollstuhl werde ich zu einem Flußdampfer geschoben.
Ich bin schwach. Vorsichtig muß man mich in die Kajüte tragen.
Keiner hat meine Flucht bemerkt. Flucht ist es, denn ohne Genehmigung käme
aus der Klinik niemand heraus. Ich habe keine Genehmigung.
Endlich tuckert das Schiffchen los, immer stromaufwärts. Es
geht mir schlecht, aber ich habe das Gefühl, jeder Kilometer, der
mich von dem Ort des Schreckens entfernt, würde mir neue Kraft verleihen.
Vielleicht bin ich gar nicht krank.
Etwas später – ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen
ist – taucht sie auf, die alte Stadt mit ihrem Dom und der Steinernen Brücke.
Ein Fest wird gefeiert. Alles ist so, wie ich es kenne, von Jahren, da
ich gesund war. Die Straßen und Plätze wimmeln von Menschen.
Sie freuen sich über einen prächtigen Umzug. Auf einem der Prunkwagen
sehe ich mich, hoch über der Menge. Auch ich möchte jubeln, doch
man verbietet mir, zu sprechen.
Allmählich finde ich heraus, man feiert meinen fünfzigsten
Geburtstag. Der liegt längst zurück. „Dieses Fest war eigentlich
für Ihren Sechzigsten gedacht. Aber weil Sie den nun nicht mehr erleben
werden...“
Ich bin erschöpft. Der Trubel hat mich ermüdet. Ich kehre
aufs Schiff zurück. Jetzt treibt der Dampfer wieder die Strömung
hinunter. In der Kajüte sind noch zwei oder drei andere Todkranke.
Von Zeit zu Zeit legt das Schiff irgendwo an. Einer nach dem anderen wird
an Land geleitet. Sie können noch selber gehen. Am Ende bleibe nur
ich zurück.
Bald nähern wir uns der verhängnisvollen Anlegestelle.
Schon kommt das festungsartige Gemäuer in Sicht. „Ihr werdet mich
doch nicht dorthin zurückbringen?“
Noch hoffe ich, wir fahren stromabwärts daran vorbei. Da wirft
der Steuermann das Ruder herum, nimmt Kurs auf das ominöse Gebäude.
„Sie haben mir doch versprochen...“ – „Es geht nicht anders. Wir
glaubten, Sie könnten sich von selbst erholen. Das Krankenhaus ist
Ihre einzige Chance.“ – „Ich kann nicht allein aussteigen.“ – „Der Kapitän
wird sie tragen.“
Auf breiten Armen werde ich aus der Kajüte gehoben. Es ist
Nacht geworden. Draußen nieselt es. Vorsichtig balanciert man mich
die steile Kaitreppe hinauf. Nun stehe ich vor den dicken Mauern. Ich kehre
zurück in mein Gefängnis.
„Verstehen Sie mich?&ldquo Professor P. ist gekommen. Er wird mich endlich
nach Hause bringen. „Sie haben keine Wahl. Sie schaffen die Spontanatmung
nicht. Ein Luftröhrenschnitt ist die einzige Möglichkeit. Bei
den Kollegen hier sind Sie sicher gut aufgehoben.&ldquo
Ich schüttle den Kopf, deute: Nicht hier! Es gibt nur einen
Operateur, und es wäre Sonntag. Ich habe kein Vertrauen zu den
Leuten um mich her. Dabei nehme ich sie bewußt überhaupt nicht
wahr. Ich will in die Großstadt. Dort hat man ein ganzes Ärzteteam.
Ich weiß doch schließlich: Ich liege in einem Krankenhaus
in der Provinz, mit einer Anlegestelle an einem großen Strom.
„Ich möchte in die Großstadt. Dann werde ich mich auch nicht
gegen die Operation wehren.&ldquo Zwar bin ich enttäuscht, doch ich glaube
Professor P. „Gut, wenn Sie es so wollen. Wir werden Ihre Verlegung in
die Wege leiten.&ldquo
Ein ungeheures Glücksgefühl steigt in mir hoch. Ich kann
nicht sprechen, nur auf einer Tafel deuten. Dennoch gelingt es mir, einen
eigenen Willen zu formulieren. Selbstbestimmung ist also möglich,
denke ich, sogar in völliger Abhängigkeit.
„Wir müssen sehen, wie wir Sie in die Großstadt transportieren.
Wir brauchen den Krankenwagen. Aber der ist tagsüber im Einsatz. Er
ist das einzige Rettungsfahrzeug für die Unfälle auf der Autobahn.
Trotzdem - wir finden schon eine Lösung.
Nach zweiundzwanzig Uhr sind Unfälle auf der Autobahn selten.
Die Ambulanz wird dann nicht mehr benötigt. Sie kann Sie rasch in
die Großstadt bringen. Wenn sie vor Mitternacht wieder zurück
ist, geht alles in Ordnung.
Haben Sie keine Angst. Sie werden von der Fahrt nicht viel mitbekommen.
Wir geben Ihnen ein leichtes Betäubungsmittel.&ldquo
Ich liege wieder allein, muß auf den Abend warten. Meinem
Bett gegenüber hängt eine Uhr, nüchtern, rund, mit einer
dünnen Nadel für die Sekunden. Neun Uhr. Der Krankenwagen kann
frühestens in einer Stunde kommen.
Der Sekundenzeiger scheint immer langsamer voran zu schleichen.
Halb Zehn. Solange ich nicht abgeholt werde, kann man mich noch
immer hier operieren.
Ein Arzt tritt ins Zimmer. Er kommt mir bekannt vor. War ich ihm schon
zuvor begegnet? „Sie wollen uns also verlassen? Schade. Ich sollte Sie
operieren. Nun haben Sie sich anders entschieden.&ldquo
Ein Schuldgefühl steigt in mir hoch. Vielleicht habe ich dem Personal
unrecht getan. Sei's drum - meine Entscheidung ist richtig. Ich weiß
es im Unterbewußten.
Ich entschuldige mich. „Glauben Sie mir, das hat nichts mit Ihnen zu
tun&ldquo, deute ich auf der Tafel. Er geht. Ich weiß nicht, ob er mir
glaubt.
Ich sinke zurück in meine Einsamkeit. Zehn, halb Elf.
Warum ist der Krankenwagen noch nicht da? Wieder steigt Angst in mir hoch.
Wird man mich morgen vielleicht doch hier operieren? War alles nur ein
Ablenkungsmanöver? Sollte ich lediglich in Sicherheit gewiegt werden?
Mag sein, es hat einen Unfall auf der Autobahn gegeben. Vielleicht wird
das Fahrzeug heute überhaupt keine Extratouren machen können.
Jetzt ist Professor P. wieder da. Warum kommt er nicht herein? „Er
bespricht sich noch mit den behandelnden Ärzten. Sie sind sich nicht
sicher, ob du transportfähig bist.“ Was habe ich denn? Ich bin doch
nur müde, schrecklich müde.
„Wird dieses Haus auch von Muslimen geleitet?“ Auf einer Buchstabentafel
zeige ich unsicher meine Frage. Der Pfleger schaut mich überrascht
an. Als hätte ich etwas völlig Unbegreifliches gesagt. Weiß
er denn nicht, daß in der vorherigen Klinik...?
„So viel ich weiß, arbeitet bei uns kein einziger Moslem. Höchstens
ein oder zwei.“ Erleichtert atme ich auf - im übertragenen Sinne.
Der Tubus im Hals gestattet kein eigenes Atmen.
Wie ich hergekommen bin, weiß ich nicht. Offenbar tatsächlich
mit einem Krankenwagen. Nur eines ist mir klar: Es ist kein Traum; ich
habe mich durchgesetzt. Ich bin in der gewünschten Klinik.
Jetzt wird sich alles zum Guten wenden. Doch vor einer Besserung kommt
die Operation. Wieder falle ich in einen tiefen, todesähnlichen Schlaf.
Was bisher geschah, war ein Vorspiel. Der wirkliche Schrecken beginnt
erst jetzt. Niedergefahren zur Hölle. Was hat Christus in den drei
Tagen getan, da er ins Totenreich hinabstieg? Vielleicht kämpfte er
um die Seelen der Dahingeschiedenen.
Dunkel umgibt mich. Nicht der geringste Lichtschein. Umhüllt,
erstickt von Schwarz treten mir zwei Farben entgegen: Grün und Rot.
Sie haben keine Gestalt, sind nur Farben. Das Grün erinnert an saftiges
Gras. Das Rot ist eher Orange, meine Lieblingsfarbe. Und ich weiß:
Grün ist das Gute, Rot das Böse - nicht übertragen, ganz
real. Grün und Rot kämpfen miteinander. Ich kann nicht sagen,
auf welche Weise. Sie berühren sich nicht. Sie strahlen gegenseitig
Kraftfelder aus, von denen ich weiß, daß sie um meine Seele
ringen.
Starr und körperlos liege ich da. Alles habe ich getan, nichts
bleibt mehr übrig. Ich kann nur mehr ohnmächtig das Ringen zwischen
Rot und Grün verfolgen. Ich bin teilnahmslos, obwohl ich begreife,
daß es um mich geht.
Wie der Kampf endet, bleibt offen.
Auferstanden von den Toten. Langsam tauche ich aus der Dunkelheit auf.
Die Operation ist glücklich verlaufen. Wie ich nach ein paar Tagen
der Welt zurückgegeben bin, fange ich an, Zusammenhänge zu begreifen.
Das künstliche Koma, die Narkose, haben mir Bilder vorgegaukelt, die
sich aus Erinnerungen, Gedanken und im Halbdämmer mitbekommenen Wortfetzen
zusammensetzen.
So sehr mir die Irrealität des Zurückliegenden bewußt
ist, so überzeugt bin ich auch: der Kampf zwischen Gut und Böse,
zwischen Grün und Rot hat tatsächlich stattgefunden. Seit der
Erfahrung im Totenreich weiß ich, daß Gut und Böse existieren.
Sie sind keine Chimäre.
Nachwort
Ich wurde am 17. Februar 2000 mit schwerer Ateminsuffizienz in die
Spezialklinik für Lungenerkrankungen nach Gauting bei München
eingeliefert. Nach zehn Tagen künstlichem Koma entschied man sich
zu einem Luftröhrenschnitt.
Auf eigenen Wunsch wurde ich für diese Operation in das Städtische
Krankenhaus München-Schwabing verlegt. Der Eingriff erfolgte am 29.
Februar 2000 in einer dreistündigen Sitzung unter Hinzuziehung von
fünf Fachärzten verschiedener Disziplinen. Nach weiteren fünf
Wochen konnte ich nach Hause entlassen werden.
Teile dessen, was tatsächlich geschah, wurde mir im Nachhinein
von meiner Frau erzählt. Ich selbst kann bis heute, die alptraumhaften
Halluzinationen und die wirklichen Geschehnisse nicht auseinanderhalten.
Der Text versucht die beiden Ebenen durch typographische Unterscheidung deutlich zu machen.